St. Joseph

1.5.1945

 

Liebe Katholiken!

Zu spŠter Abendstunde seid ihr heute nach getaner Arbeit noch in die Pfarrkirche hergekommen, um durch eure gemeinsamen Gebete und durch das andŠchtige Mitfeiern des hl. Messopfers den zu feiern, dem der heutige Tag geweiht ist: Der hl. Joseph! Ihn hat Gott zum BrŠutigam der jungfrŠulichen Gottesmutter bestellt und als Haupt der Familie bestimmt, damit er an Vaters Statt den eingeborenen Sohn Gottes menschgeworden beschŸtze und beschirme.

Ich darf euch in dieser Abendstunde nicht durch viele Worte hinhalten, eins nur mšchte ich: euch daran erinnern, wie der Heilige des heutigen Tages, der heilige Joseph, so recht ein Heiliger fŸr unsere Zeit ist.

Unsere Zeit verlangt fast von allen gro§e, oft entsetzlich gro§e, ja fast unertrŠglich gro§e Opfer, Entbehrungen und bringt fŸr so viele Kreuz und Leid, harte SchicksalsschlŠge und PrŸfungen. So viele Familien sind durch den schrecklichen Krieg auseinandergerissen, so viele Familien sind ihrer HŠupter und BeschŸtzer beraubt, so viele weinen als Witwen und Waisen. Und oft sind die Opfer und PrŸfungen – gar wenn wir in die luftgefŠhrdeten Gro§stŠdte hinausschauen, so furchtbar und sinnlos, dass wir uns oft fragen mšchten: Wie kann der Herrgott das alles zulassen? Da steht der Heilige des heutigen Tages, der schweigsame heilige Josef, von dem kein einziges Wort in der hl. Schrift Ÿberliefert ist, mit seinem wunderbaren Beispiel vor uns:

Was hat dieser Heilige auszustehen gehabt! Was hat dieser Heilige PrŸfungen zu bestehen, Opfer und Entbehrungen zu ertragen gehabt! Wir brauchen nur in sein Leben hineinschauen: Bethlehem: das vergebliche Wohnungsuchen und Herbergsuchen bei grausamen, unsozialen Menschen: Wie mag es ihm das Herz zusammengedrŸckt haben, als er fŸr seine Gattin, fŸr die reinste Jungfrau und das zu erwartende Gotteskind einen armseligen, verfallenen Stall als Herberge fand! Und dann die Flucht nach €gypten! Fliehen vor einem hintertŸckischen, feigen, ŸbermŠchtigen Gegner. Fliehen in die Ungewissheit eines ganz unbekannten, fremden Landes. Fliehen mit einem zarten Weib und einem neugeborenen, schwachen Kindlein. Fliehen in Nacht und Nebel, alles zurŸcklassend und in eine dunkle, ungewisse Zukunft hineingehend! Und dann die Armut in Nazareth, die harte Arbeit um Brot und Lebensunterhalt fŸr die ihm anvertrauten heiligen Personen. Arbeit von frŸh bis spŠt und Schwei§ und MŸdigkeit und Hunger.

Und wie hat sich Josef in all diesen Lagen benommen: Hat er gejammert und geklagt und gemurrt Ÿber diese Zulassungen und PrŸfungen? Hat er mit Gott gehadert und an der Gottheit dessen gezweifelt, den er beschŸtzen und beschirmen musste? Er hŠtte wirklich verzagen und verdrossen und mŸrrisch alles liegen und stehen lassen kšnnen mit der Bemerkung: Ach was! Wenn dieses Kind Mariens wirklich der ewige, allmŠchtige Sohn Gottes ist, so soll er sich selber durch Wunder beschŸtzen und beschirmen und ernŠhren! Er fragt nicht lange mit Gottes FŸgungen hadernd, warum der Herrgott das alles so eigenartig fŸgt und zulŠsst. Er schweigt und tut schweigend seine Pflicht. Arbeitet. Beten. Und bringt die Opfer und ertrŠgt Entbehrungen, PrŸfungen und harte Zulassungen mit einer wirklich heldenhaften Ergebung in Gottes heiligen Willen!

Das ist Josef! Der schweigsame Heilige! Der Heilige der Arbeit und PflichterfŸllung. Der heilige der Treue gegen Gott und sein heilige Gebot!

Das ist das Beispiel des hl. Josef fŸr uns in dieser Zeit: Nicht jammern und klagen und murren! Sondern willig und geduldig die Opfer bringen, die Entbehrungen tragen im Geiste der Bu§e und SŸhne, im Geiste der Hingabe an Gottes heiligen Willen. Denn Gott hat sicher seine gro§en, wunderbaren PlŠne mit den furchtbar harten PrŸfungen, die er in dieser Kriegszeit schickt. Und wenn der Herrgott mit diesem schrecklichen Kriegsgeschehen keinen anderen Plan hŠtte, als uns Menschen von unserer Leichtsinnigkeit und Gedankenlosigkeit, von der Sittenlosigkeit und Glaubenslosigkeit wie mit einer harten Zuchtrute zurŸckzurufen zur Treue gegen Gott und sein hl. Gebot, es wŠre dann schon ein gro§er, ein anbetungswŸrdiger Plan in dieses harten Zulassungen Gottes.

Bitten wir den hl. Josef, dass wir sein Beispiel nachahmen und so wie er schweigend, gottergeben, geduldig unser Pflicht tun und die Opfer bringen im Geiste der SŸhne und Bu§e! Und empfehlen wir uns dem Schutz des hl. Josef. Er vermag so viel am Throne Gottes, weil er sich auf Erden so herrlich bewŠhrt hat als BeschŸtzer des Kostbarsten, was Gott auf Erden hatte. Das Leben des menschgewordenen Sohnes Gottes und die Reinheit und JungfrŠulichkeit Mariens. Das sei die Mahnung des heutigen Tages: So wie wir es im schšnen Gebet zum hl. Josef zusammenfassen in die Bitte: Gib, dass wir nach deinem Beispiel und mit deiner Hilfe heilig leben, selig sterben und im Himmel einmal die ewige Seligkeit erlangen mšgen. Amen.